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Güterrecht Türkei (Güterrechtsstatut) Hinweis: Mit Wirkung vom 1.1.2002 ist in der Türkei ein neues Zivilgesetzbuch in Kraft getreten. U. a. wurde der bisherige gesetzliche Güterstand der Gütertrennung durch einen sich an die Errungenschaftsbeteiligung des schweizerischen Rechts anlehnenden Güterstand ersetzt. Die Errungenschaftsbeteiligung ähnelt der Zugewinngemeinschaft nach deutschem Recht insofern, als das Vermögen der Eheleute während der Dauer der Ehe getrennt bleibt, nach Beendigung der Ehe jedoch ein Ausgleich während der Ehe entgeltlich erworbenen Vermögens erfolgt. Jeder Ehegatte kann über sein Vermögen alleine verfügen (und damit auch als Alleineigentümer erwerben). Das neue Güterrecht gilt ab 1.1.2002 auch für bereits bestehende Altehen. Allerdings besteht die Möglichkeit, vertraglich die Gütertrennung zu vereinbaren. Auch im Erbrecht sind einige Änderungen vorgenommen worden. So sind z. B. die Pflichtteilsquoten der Verwandten gesenkt, die des überlebenden Ehegatten jedoch stabil geblieben bzw. teilweise sogar erhöht worden. Im Übrigen ist das Erbrecht durch die Reform inhaltlich weitgehend unberührt geblieben (DNotI-Report 6/2002).
Güterrechtsstatut Wie beim Erbstatut gilt auch beim Güterrechtsstatut die Einheitlichkeit, d.h. bewegliches bzw. unbewegliches Vermögen einheitlich geregelt. Und zwar unabhängig davon wo es sich befindet. Allerdings wird diese Einheitlichkeit in einigen Fällen durchbrochen, wenn
In solchen Fällen tritt eine Spaltung ein (wie beim Nachlassspaltung). Das einheitliche Vermögen wird in mehreren selbständigen Vermögen aufgeteilt. Für das jeweilige Vermögen wird dann das jeweilige Recht angewendet mit der Folge, dass die Eigentumsverhältnisse, Verfügungsrechte sowie die Rechte bei Beendigung des Güterstands durch Tod oder Scheidung nach diesem Recht beurteilt wird. Es kann somit vorkommen, dass hinsichtlich der einen Vermögensmasse Zugewinnausgleich erfolgt, hinsichtlich einer anderen jedoch nicht. Beispiel: Ein türkisches Ehepaar lebt in Deutschland. Wie ist das Güterechtsstatut zu beurteilen? Lösung (nach DNotI-Report 11/2004): A-Vorüberlegung Im Erbrecht ergibt sich das Erbstatut im Verhältnis zwischen Deutschland und der Türkei aus dem Nachlassabkommen, das als Anlage zu Art. 20 des Konsularvertrages zwischen dem Deutschen Reich und der Türkischen Republik vom 28.5.1929 (RGBl. 1930 II, 747) abgeschlossen wurde (vgl. Gutachten DNotI-Report 2001, 171; Dörner, ZEV 1996, 90). Für das Güterstatut besteht kein derartiges bilaterales Abkommen. 1-Deutsche Kollisionsvorschriften (IPR) Das deutsche IPR knüpft das Ehegüterstatut unwandelbar an das allgemeine Ehewirkungsstatut zum Zeitpunkt der Eheschließung an (Art. 15 Abs. 1 i. V. m. Art. 14 Abs. 1 EGBGB). Da beide Ehegatten bereits im Zeitpunkt der Eheschließung (ausschließlich) türkische Staatsangehörige waren, verweist das deutsche IPR auf das türkische Recht (Art. 15 Abs. 1 i. V. m. Art. 14 Abs. 1 Nr. 1 EGBGB). 2-Türkische Kollisionsvorschriften (IPRG) Da die Verweisungen des deutschen IPR grundsätzlich Gesamtverweisungen sind, ist zunächst das türkische IPR zu prüfen. Das türkische Recht knüpft vorbehaltlich einer Rechtswahl der Eheleute das Ehegüterstatut wie das deutsche Recht in erster Linie an eine gemeinsame Staatsangehörigkeit im Zeitpunkt der Eheschließung an und in zweiter Linie an den gemeinsamen Wohnsitz zur Zeit der Eheschließung. Der einschlägige Artikel 14 IPRG Türkei Ehegüterrecht lautet: Abs. 1: „Die Ehegatten können hinsichtlich ihres ehelichen Vermögens das Recht ihres Wohnsitzes oder eines ihrer Heimatrechte im Zeitpunkt der Eheschließung wählen; falls eine solche Wahl nicht getroffen wird, so wird hinsichtlich des ehelichen Vermögens an das gemeinsame Heimatrecht im Zeitpunkt der Eheschließung und, falls ein solches nicht vorhanden ist, an das des gemeinsamen Wohnsitzes zur Zeit der Eheschließung und, falls auch ein solcher fehlt, an das Recht des Ortes angeknüpft, an dem sich die Güter befinden. Abs. 2: Ehegatten, die nach der Eheschließung eine neue gemeinsame Staatsangehörigkeit erwerben, können sich unter der Voraussetzung, dass die Rechte Dritter unberührt bleiben, diesem neuen Recht unterstellen.“ (Übersetzung aus Riering, IPR-Gesetze in Europa, 1997, S. 344 f.). Das türkische Recht nimmt damit die Verweisung durch das deutsche Recht an. Es ist türkisches Ehegüterrecht anzuwenden. Gesetzlicher Güterstand nach türkischem Recht Seit dem 1.1.2002 ist gesetzlicher Güterstand in der Türkei die Errungenschaftsbeteiligung. Der frühere gesetzliche Güterstand der Gütertrennung wurde durch das zum 1.1.2002 in Kraft getretene neue türkische Zivilgesetzbuch durch einen sich an die Errungenschaftsbeteiligung des Schweizer Rechts anlehnenden Güterstand ersetzt (vgl. DNotI-Report 2002, 47; Naumann, Grundzüge des neuen türkischen Ehegüter- und Erbrechts, RNotZ 2003, 343; Odendahl, Das neue türkische Ehegüterrecht, FamRZ 2003, 648; vgl. auch Ulusan, Die Neugestaltung des Familienrechts durch das neue türkische Zivilgesetzbuch, ÖNotZ 2002, 225; Finger, Familienrechtliche Änderungen in der Türkei, FamPrax 2003, 826; Rausch, Neues türkisches Familienrecht – ein Überblick, FF 2003, 165). a) Übergangsrecht Für vor dem 1.1.2002 geschlossene Ehen bestand eine Übergangsfrist: Binnen eines Jahres nach Inkrafttreten des neuen türkischen ZGB konnten Eheleute, die die Ehe bereits vor dem 1.1.2002 geschlossen hatten, erklären, dass sie im bisherigen Güterstand der Gütertrennung verbleiben wollten. Ist eine solche Erklärung nicht im Laufe des Jahres 2002 erfolgt, so trat der neue Güterstand bereits zum 1.1.2002 ein. Bis zum 31.12.2001 gilt dann der alte gesetzliche Güterstand der Gütertrennung (Art. 10 des Schlusstitels zum türkischen ZGB). Daraus folgt, dass alles von den Ehegatten bis zu diesem Zeitpunkt angeschaffte Vermögen auch weiterhin dem jeweiligen Eigentümer zusteht und als Eigengut i. S. v. Art. 220 Ziff. 2 türk. ZGB n. F. anzusehen ist. Zur Errungenschaft i. S. v. Art. 219 türk. ZGB n. F. zählen also nur die Vermögenswerte, die ab dem 1.1.2002 von einem Ehegatten entgeltlich erworben wurden (Naumann, RNotZ 2003, 343, 347 f.). Haben die Eheleute also keine Vereinbarung darüber getroffen, dass das neue Güterrecht für sie von Anfang an gelten soll, dann existieren zwei Güterstände. Im Falle der Beendigung des Güterstandes wird somit zwischen dem Güterstand bis 31.12.2001 (hier wird Gütertrennung angewendet) und dem Güterstand ab dem 01.01.2002 (ab hier die gesetzliche Güterstand der Errungenschaftsbeteiligung) unterschieden. Beispiel: Im Jahre 2000 hat der Ehemann ein Haus erworben. Wegen der Gütertrennung gilt, dass die Ehefrau bei einer Trennung keine Ansprüche am Haus geltend machen kann. Hätten die Ehegatten jedoch bis zum 01.01.2003 durch notarielle Beglaubigung vereinbart, dass das neue Güterrecht der Errungenschaft für sie gelten soll, dann würde das neue Güterrecht seit der Eheschließung gelten. Folglich könnte die Ehefrau bei einer Trennung (wegen der gesetzlichen Güterstand der Errungenschaftsbeteiligung) ein Errungenschaftsausgleich geltend machen. Ohne eine entsprechende Vereinbarung gilt das Haus als Eigengut des Ehepartners (der als Eigentümer im Grundbuch eingetragen ist). Wollen die Ehegatten vermeiden, dass das neue Güterecht der Errungenschaftsbeteiligung auf sie Anwendung findet (z.B. für Errungenschaften ab dem 01.01.2002) so müssen sie eine Gütertrennung vereinbaren (beim Notar). Ansonsten findet das neue Güterrecht (Errungenschaftsbeteiligung) automatisch (ab dem 01.01.2002) Anwendung.
b) Errungenschaftsbeteiligung ähnelt Zugewinngemeinschaft Die Errungenschaftsbeteiligung des Schweizer und des türkischen Rechts darf nicht mit der Errungenschaftsgemeinschaft verwechselt werden, sondern ähnelt eher der Zugewinngemeinschaft. Während bei der Errungenschaftsgemeinschaft während der Ehe erworbenes Vermögen gemeinschaftliches Eigentum beider Ehegatten wird (typischerweise mit Ausnahme von Schenkungen und Erwerb von Todes wegen, z. B. in Frankreich, Italien oder Spanien), besteht bei der Errungenschaftsbeteiligung (ähnlich wie bei der Zugewinngemeinschaft) während der Ehe getrenntes Vermögen und es erfolgt ein schuldrechtlicher Ausgleich nach Beendigung der Ehe (bzw. nach Beendigung des Güterstandes). Von der Zugewinngemeinschaft unterscheidet sich die Errungenschaftsbeteiligung im Wesentlichen dadurch, dass bei der Errungenschaftsbeteiligung der Wertzuwachs des in die Ehe eingebrachten Vermögens nicht berücksichtigt wird. Insbesondere ist jeder Ehegatte nach Art. 223 ZGB Türkei befugt, sowohl seine Eigengüter als auch die ihm gehörenden, in die Errungenschaft fallenden Gegenstände zu verwalten, zu nutzen und über sie zu verfügen. Die jeweiligen Vermögensmassen der Eheleute bleiben also getrennt. Auch bestimmt Art. 224 ZGB Türkei, dass jeder Ehegatte für seine Schulden mit seinem gesamten Vermögen haftet. Eine Verfügungsbeschränkung enthält lediglich Art. 194 Abs. 1 ZGB Türkei, wonach eine Veräußerung der Familienwohnung bei Geltung des türkischen Ehewirkungsstatuts (also unabhängig vom Güterstand) nur mit der ausdrücklichen Zustimmung des anderen Ehegatten erfolgen kann. Will demnach ein Ehegatte die Familienwohnung veräußern, muss die Zustimmung des anderen Ehegatten vorliegen, da anderenfalls die Übertragung unwirksam ist (vgl. Praktische Tipps beim Immobilienerwerb in der Türkei) Die einschlägigen Art. 202 ff. des türkischen Zivilgesetzbuches finden sich in deutscher Übersetzung bei Odendahl/Rumpf, RNotZ 2003, 371 (einschließlich der wichtigsten erbrechtlichen Vorschriften in StAZ 2002, 97, 100). 3. Ergebnis a) Erwerb zu Alleineigentum Da jeder Ehegatte alleinverfügungsbefugt ist und während der Ehe getrenntes Vermögen besteht, kann ein Ehegatte im gesetzlichen Güterstand des türkischen Rechts auch zu Alleineigentum erwerben (oder könnten die beiden Ehegatten zu Bruchteilseigentum erwerben). b) Grundschuldbestellung Der erwerbende Ehegatte kann die Finanzierungsgrundschuld allein bestellen. Denn über sein Eigentum ist er nach Art. 223 ZGB Türkei auch insoweit allein verfügungsbefugt, als es bei einem späteren Ausgleich der Errungenschaft zu berücksichtigen ist.
Exkurs: Welches Güterrecht ist bei bilateralen Ehen anzuwenden? Der Güterstand richtet sich grundsätzlich nach dem Familienstatut im Zeitpunkt der Eheschließung, Art.15 EGBGB. Wenn beide Ehepartner also demselben Staat angehören, unterliegen sie auch dem Güterrecht des gemeinsamen Heimatstaats. In einer binationalen Ehe wäre das Recht des Staates maßgeblich, in dem beide Ehepartner ihren gewöhnlichen Aufenthalt bei der Eheschließung haben. Bei Mehrstaatern ist maßgebliche Staatsangehörigkeit gem. Art. 5 Abs. 1 EGBGB zu ermitteln. Achtung: Bei anerkannten Asylbewerbern gilt eine Ausnahmeregelung. Art. 5 Abs. 2 EGBGB ersetzt für diesen Personenkreis allgemein die Staatsangehörigkeit durch das Personalstatut des Art. 12 der Konvention, das sich nach ihrem gewöhnlichen Aufenthalt richtet. (Quelle:http://www.rechtsanwaltdrpalm.de/binational.htm).
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